Folgt man dem Neuen Kult (und dies tut der Großteil der Einwohner Mradoshans), so ist das beginnende Leben eines jeden Gläubigen in drei große Abschnitte unterteilt, die mit verschiedenen Begriffen belegt werden: Niabana, Adalana und die Vorjhana.
Zu Beginn steht Niabana, die erste Phase des Lebens, die mit der Geburt beginnt und mit dem Erreichen des Siebten Lebensjahres endet. Sie gilt als heilig und schützenswert und Kinder diesen Alters, egal welcher Rasse sie angehören mögen, stehen in der Tat in allen Städten und Staaten, in denen der Neue Kult vertreten ist gar unter gesetzlichem und kirchlichem Schutz. So sind beispielsweise Tempel und Waisenhäuser dazu verpflichtet, Kinder in der Niabana aufzunehmen und zu versorgen.
Wächst das Kind aus der Niabana heraus, so tritt es in die Adalana ein, einer Phase des Lernens, wie von den Religionen gepredigt wird. Praktisch jedoch sollte man sie den Übergang in die harte Realität nennen, denn mit Erreichen der Adalana erlischt bereits die gesetzliche Verpflichtung der Gemeinschaften und Kirchen für das Kind - das heißt, dass beispielsweise Kinderarbeit nicht mehr von den neukultischen Gemeinden unterbunden werden muß, da keinerlei moralische Verpflichtung mehr besteht.
In der Tat haben es Kinder in Chrestonim nicht leicht: die Städte sind bervölkert und ein Leben ist entsprechend wenig wert. Die Löhne sind gerade zwischen Gilgat und der Hauptstadt der Allianz niedrig und so müssen in den Städten der Großteil der Kinder mit freigelassenen Sklaven, Einwanderern oder einfach Tagelöhner in oft mörderischem Kampf konkurrieren. Und da Kinder im allgemeinen weniger aufsässig und auch leichter einzuschüchtern sind, greift man allerorten gerne auf sie zurück. Moralisch kritisiert wird dies von kaum jemandem - schließlich sind die meisten Familien Chrestonims schlichtweg nur in der Lage zu überleben, wenn die Kinder wenigstens ihr eigenes Essen selbst verdienen. Dies ist der Alltag und wird generell als „normal“ angesehen. Dass da von Schulbildung keine Rede sei kann, ist selbstverständlich und so wurde der Begriff Adalana, der sich vom Chirjeya-Wort adelagi (lernen) ableitet auch von der Priesterkaste geprägt. Deren Kinder freilich (und auch die der beiden anderen hohen Kasten der Chirà) genießen jene Ausbildung, die dringend nötig ist, um die Aufgaben, die sie einst in der Kasten- und Clangemeinschaft ausüben sollen, auch erfüllen können.
Die Adalana endet mit dem Vollenden des dreizehnten Lebensjahres, gefolgt von der Vorjhana, die ebenso wie die beiden ersten Phasen des Lebens, sieben Jahre dauert, also bis zum Erreichen eines Alters von 21. Hier klaffen die Unterschiede zwischen Arm und Reich noch stärker auseinander: während die Armut und die harte Arbeit die Körper und Seelen der Armen für immer zeichnet, dürfen sich beispielsweise die Mitglieder der höheren Kasten hier ihrer Jugend erfreuen. Zwar steht immer noch die Ausbildung - sei es als Tempeldiener, Schriftgelehrter, Diplomat, Beamter oder Krieger - im Vordergrund, doch in der übrigbleibenden Freizeit läßt es sich leben wie nie zuvor.
Nach dem Ende der Vorjhana gilt die Chirà, der Mensch, Unuim oder Sragon (vorausgesetzt, sie teilen diese alte Sitte) als Erwachsen. Für die unteren Schichten ist dies freilich von geringer Bedeutung, beginnt doch für viele die Bitterkeit des Lebens bereits als Kind. So hat diese traditionelle Einteilung der ersten Lebensjahre ihre Anhänger fast ausschließlich (die Phase der Niabana ausgenommen) in den oberen Schichten und hier besonders bei den Chirà (ist der Übergang von einer Phase in die nächste doch stets mit einer verstärkten Übernahme von Verpflichtungen verbunden) und den wohlhabenderen Menschen, die gerne die Gelegenheit zum Feiern nutzen und insgesamt eine Leidenschaft für derartige Formalitäten zu haben scheinen.
Traditionell wird jeder Lebensabschnitt unter den Schutz einer Gottheit gestellt. Dies kann stets dieselbe Gottheit sein (was besonders bei Clans, die sich gänzlich einem Kult verschrieben haben üblich ist) oder aber wechseln. So ist es weit verbreitet, bei der Geburt dem Kind den Segen Mehdoras zu geben und auf ihren Schutz während der Niabana zu hoffen. Für die Adalana wählen die Eltern gerne eine Gottheit, die die Interessen des Kindes prägen sollen - bei Mitgliedern der Kriegerkaste also die Kriegsgöttin Endrakha, bei Handwerkern Kelida und so fort. Welchem Gott oder Göttin man sich für die Vorjhana verschreibt, liegt bereits in der Entscheidungsgewalt des Jugendlichen selbst, kann also nach seinen eigenen Interessen ausgewählt werden.
Nach der Vorjhana ist es übrigens nicht unüblich, eine weitere Bindung mit der gewünschten Kirche einzugehen, die jedoch bereits gesetzliche Grundlagen hat. So sind an den Tempel dann regelmäßige Spenden zu entrichten, jedoch kann man sich andererseits auf Fürsprache und Hilfe durch die jeweilige religiöse Gemeinschaft verlassen. Solch eine Bindung stellt die niedrigste und schwächste der möglichen religiösen Bindungen dar.
Auch hier seien vor allem die Regionen angesprochen, in denen der Neue Kult die moralischen Maßstäbe setzt. Teil des Neuen Kultes ist bekanntermaßen die Göttin der Schönheit, körperlichen Liebe und Lust, Jhoulana. Und da sexuelle Kontakte somit stets unter dem Schutz einer der großen Gottheiten Mradoshans (welche sogar im Alten Kult als Jolana verehrt wird) stand, galten sie niemals als amoralisch oder verwerflich. Was nun wiederum im Sinne Jhoulanas als ‚erlaubt‘ und ‚normal‘ definiert wird, gilt somit ebenso für alle unter den Prinzipien des neuen Kultes aufgewachsenen Wesen als etwas völlig Selbstverständliches.
Wichtigstes Werk auf diesem Gebiet ist das heilige Buch der Jhoulana, die Jhoulantaya. In diesem fast 3000 Seiten umfassenden vierbändigen Kompendium werden die Werte für den sexuellen Umgang gesetzt und diese sind äußerst freizügig: alles ist gut, was in Liebe und gegenseitigem Einverständnis geschieht. So werden die drei Formen der Sexualität (Frau zu Frau, Mann zu Mann und Frau zu Mann) als gleichwertig behandelt und jeder Spielart wird der vollständige Segen der Jhoulana zuteil.
Die Liebe zwischen zwei Frauen entspringt eindeutig dem chiranischen Kulturkreis, gibt es hier doch dreimal mehr Frauen als Männer. Dies hat die lesbische Liebe zur verbreitetsten Form des sexuellen Umgangs in Chrestonim erhoben und findet auch unter den Menschen und Sragon viele Freundinnen. Manche Clans der Kriegerkaste verfolgen eine alte Tradition, nach der Kriegerinnen vor einer Schlacht oder dem Auszug in einen Krieg sich im Liebesspiel ergehen sollten - dies stärke die Kraft der Schwertmeisterinnen und schüre das innere Feuer, das eine Kriegerin vorantreibt. Verbreitet sind auch die sogenannten Jhouvayas, besondere ‚Clubs‘, in denen sich chiranische Frauen treffen, um über anregende Dinge zu plaudern oder sich offen und ungezwungen im Liebesspiel zu ergehen. Fast jede Jhouvaya ist auch offen für Menschen- und Sragonfrauen, Männer hingegen sind nur auf Einladung hin willkommen...
Der geschlechtliche Akt zwischen Männern ist bei den Chirà entsprechend selten (absolut gesehen, da es einfach weniger männliche Chirà gibt als weiblich), ist aber bei Menschen und auch Sragon gerade während der Jugend beliebt. Diese Form wird gar von den Jhoulanatempeln gefördert, gilt doch das Erkunden des Körpers während der Jugend und das Sammeln erster Erfahrung mit dem eigenen männlichen Geschlecht als wichtig für ein späteres, von Vorurteilen und Ängsten befreites Leben, stärke es doch das Selbstbewusstsein, die Sinnlichkeit und die körperliche Kraft. Bei den Sragon der Westwildnis gibt es die Sitte, dass die mutigsten und kraftvollsten Sragonkrieger mit ihren jüngeren Gefährten sexuellen Umgang pflegen, sollen diese Kontakte doch nicht nur die Ausdauer trainieren, sondern auch die Kraft und Erfahrung des Kriegers über den Samen weitergegeben werden.
Die dritte Form der Sexualität schließlich, der Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau hat einen entscheidenden Nachteil: möglichen Nachwuchs. Dies liegt freilich nicht immer im Interesse der in Verlangen zueinander entbrannten Partner. Hier genießen die Chirà einen großen Vorteil, da
sie von den anderen Rassen keine Kinder empfangen können - so sind gerade menschliche oder sragonsche Lustsklaven äußert beliebt, braucht Frau sich hier doch keinerlei Gedanken zu machen.
Alle anderen Völker müssen sich auf die Natur verlassen: wollen sie nicht auf die Zeitpunkte im weiblichen Zyklus warten, in denen eine Schwangerschaft nicht möglich ist, so müssen sie auf eine recht seltene und deshalb teure Beerenart zurückgreifen, die verhütende Wirkung hat. Bei zu häufigem Gebrauch allerdings kann es zu recht starken Nebenwirkungen kommen.
Nach all diesen Beschreibungen wird klar, dass Sexualität in Chrestonim etwas sehr offenes und selbstverständliches ist, nicht belegt von gesellschaftlichen Tabus. Genauso wenig treibt es jemanden ein kindisches Grinsen ins Gesicht, wenn von gleichgeschlechtlichem Kontakt die Rede ist. Grenzen gibt es jedoch auch: sexuelle Kontakte mit Kindern unterhalb der Vorjhana (also unter 14) werden gar kirchlich streng bestraft und genauso schändlich und verwerflich gelten geschlechtliche Handlungen mit Tieren, verstoßen sie doch gegen das oberste Gebot der Jhoulana, dass alles mit Liebe und gegenseitigem Einverständnis (was in letzterem Fall nicht gegeben werden kann) geschehen soll. Nicht selten werden hier gar Todesstrafen verhängt.
Zwischen den Rassen herrscht im Übrigen freier körperlicher Umgang. Die Rolle der Chirà wurde ja bereits erwähnt. Generell ist jedoch zu bedenken, dass sich die Rassen in ihren körperlichen Voraussetzungen doch bisweilen sehr unterscheiden. Auch wenn es nicht unbedingt stimmt (wie man bisweilen zu scherzen pflegt), dass bei den Unuim wirklich alles klein ist, so sind befriedigende Verbindungen zwischen Unuim und Chirà (die ja über zwei Vat messen) sehr unwahrscheinlich.
Um die oft gestellte Frage nach der „Größe“ eindeutig zu beantworten: Ja, die Chirà gewinnen hier das Rennen eindeutig, unter 30 Clat gilt als klein, über 35 ist schon beachtlich. Platz zwei gebührt den Sragon, was von vielen Chirà, die sich die muskelbepackten, auch oft über zwei Vat messenden Burschen gerne als Lustdiener anstellen oder kaufen, immer wieder bestätigt wird. Unuimfrauen hingegen ist von sexuellen Kontakten mit Vertretern der Sragon und Chirà abzusagen, soll es dort doch schon zu Verletzungen übelster Art gekommen sein...
Mit dem Begriff „Chiranische Liebe“ verbindet man im Allgemein eine sehr raue Form der Zärtlichkeit, denn Chirà setzen beim Liebesspiel nur zu gerne ihre Krallen ein und es geht immer mit Bissen, Kratzern und Schlägen zur Sache, nicht selten wird der Geschlechtsakt gar durch einen Kampf eingeleitet, der sich zu einem körpernahen Gerangel wandelt, bei dem nicht selten neben anderen Flüssigkeiten dann auch letztlich viel Blut fließt. Generell ist zu sagen, dass die Chirà ein Volk sind, deren männlicher Anteil durchaus als stark vom Sexualtrieb beeinflusst gelten darf. Chiranische Männer nutzen - so scheint es - fast jede sich bietende Gelegenheit aus, um ihrer Manneskraft Ausdruck zu verleihen. Dabei ist es ihnen auch stets egal, ob ihr Partner nun männlichen oder weiblichen Geschlechts ist, das Ergebnis ist letztlich dasselbe.
Für einen gesellschaftlichen Kahlschlag hat übrigens mal wieder der Yedeismus gesorgt. Dieser in Yedea übliche Eingottglaube an Hostinos hat gleichgeschlechtliche Kontakte jedweder Art als lästerlich und schändlich erklärt und belegt sie mit strengen Strafen, sei doch offensichtlich, dass nur Männer und Frauen füreinander gemacht seien und alles andere wider die gottgegebene Natur sei. Die Vermischung des Menschen mit anderen Rassen (besonders mit Sragon) sei das schlimmste aller Vergehen überhaupt und mitunter werden Sragon-Mensch-Mischlinge als Verhöhnungen von Hostinos‘ Werk verfolgt und von ihrem angeblich unwerten Dasein erlöst.
Die Ehe als lebenslange Bindung zweier Partner ist in Chrestonim weit verbreitet, besonders bei den Menschen stellt sie die übliche Form dauerhaften Zusammenlebens dar.
Es gibt jedoch regionale Unterscheide: während in West-Chrestonim rund um den Metchà und in dem Yedeismus anhängenden Yedea die Einehe bisweilen gesetzlich festgelegt ist, kennt Ashrabad bereits zahlreiche Ausnahmen von dieser Regel und in Chiàn schließlich leben die meisten Menschen polygam. Oft sind es bei den Menschen die Männer, die mehrere Frauen besitzen und nicht umgekehrt - wahrscheinlich um sich stärker von den Chirà abzugrenzen, deren Gesellschaft stark von den Frauen beherrscht wird.
Insgesamt betrachtet ist es jedoch so, dass man nur heiratet, um Kindern eine größere Sicherheit zu bieten und um symbolisch zu bekräftigen, dass Mutter und Vater sich gemeinsam um ihre Kinder kümmern werden und um die Familienverhältnisse ( speziell in Dingen der Erbschaft und Clansangehörigkeit ) zu regeln. Als Verbindung zweier Liebenden, die jedoch nicht planen, eine Familie zu gründen, ist die Ehe extrem unüblich, ist sie doch nach dem chrestonischen Verständnis dafür nicht gedacht. (Dafür gibt es den Liebesbund, der weiter unten vorgestellt wird.) Im Gegenteil: wer eine Ehe dazu verwendet, einen Partner dauerhaft an sich zu binden, ohne jedoch eine Familie zu gründen, der missbrauche schlichtweg diese gesellschaftliche Einrichtung, sozusagen als Vortäuschung falscher Absichten eines der Ehepartner. Die Ehe wird zwar von den Tempeln geschlossen, steht jedoch allgemein nicht unter religiösem Schutz. Die Scheidung einer Ehe stellt somit kein religiöses Problem dar. Bei der Eheschließung ist es üblich, dass sich die Braut oder der Bräutigam (in Estichà herrscht in diesem Punkt Gleichberechtigung) der Familie des Partners anschließt. Diese Bindung wieder zu zerstören wird immer den Verstoß des Ehepartners aus der Familie die Folge haben, was einen großen Verlust an Ansehen und vor allem auch sozialer Sicherheit bedeutet, bringt der Eingeheiratete doch sein Vermögen mit in die andere Familie ein und erhält es bei einer Trennung nicht mehr zurück.
Diese Regelung (die in verschärfter Form auch für die Mehrehen gilt, bei der die Braut der Familie des Bräutigams beitritt) öffnet für eine ausgeklügelte Heiratspolitik Tür und Tor und nur allzu oft steht hinter einer Ehe das rein finanzielle Interesse der Familie.
Bei den Chirà wird Ehe und Heirat innerhalb der Kasten sehr verschieden bewertet. Da nur jeder vierte Chirà männlichen Geschlechts ist, kann sich eine Frau der unteren Kasten glücklich schätzen, wenn sie einen „ergattern“ kann. Und wenn sie einen hat, dann wird der auch nicht geteilt, will heißen, sie leben in Einehe. Allerdings dauern diese Einehen nicht sehr lange, denn nur allzu oft macht das Temperament der chiranischen Seele und die Eifersucht dem trauten Zusammenleben ein Ende. So sind viele chiranische Männer der unteren Kasten schon mehrmals verheiratet gewesen und niemand empfindet das als anrüchig oder ehrlos. Diese Einstellung führt auch dazu, dass bei einer Ehe der unteren Kasten der Clanname der Partnerin nicht dauerhaft angenommen wird und nach der Trennung der Chirà seinen vorherigen Familiennamen wieder annimmt. Die Kaste wird durch die Ehen nicht beeinflusst, sie bleibt ein Leben lang erhalten.
Bei den höheren chiranischen Kasten liegt die Sache anders: in der Priesterkaste werden oft keine Ehen geschlossen. Die Clanvorsteherin (meist auch Hohepriesterin) entscheidet, ob ein Clanmitglied das Zeugen von Kindern mit einem anderen erlaubt ist und ob sie in einer eheähnlichen Beziehung zusammenleben dürfen. Doch auch hier gibt es Ausnahmen in Form von klassischen Ehen.
Bei den Mondrai und Chrania ist die Ehe nahezu bedeutungslos. An ihre Stelle ist ein Ritual getreten, daß den Übertritt eines Clanmitgliedes zu einem anderen Clan symbolisiert und als „Heirat mit dem Clan“ bezeichnet werden kann. Denn bei den Chirà der Mondrai und Chrania ist es nicht üblich, sich auf Zweierbeziehungen auf Dauer einzulassen. Vielmehr ist es jeder Chirà gestattet, mit diesen eingeheirateten Chirà eine Beziehung zu pflegen und Kinder zu zeugen. So ist es üblich, daß ein eingeheirateter männlicher Chirà mit mehreren weiblichen Clanangehörigen Kinder zeugt - anders wäre der Mangel an Männern unter dem Volk der Chirà auch kaum auszugleichen. Somit kann man die Braut bei einer Hochzeit als Stellvertreterin für alle Frauen ihres Clans ansehen...
Dass diese freie Aufteilung nicht immer funktioniert und oft genug Quelle von dramatischen Eifersuchtsszenen ist, versteht sich von selbst...andererseits ist es aber auch so, dass man nicht sein Leben lang aneinandergekettet ist. Eine weitere Heirat oder Beziehungen zu anderen Chirà sind somit kein Problem und gesellschaftlich auch nicht verpönt.
Da die Ehe wie oben angesprochen ein Bund ist, der nur zwischen Vater und Mutter geschlossen wird, nicht jedoch zwischen zwei Liebenden, die ihr Leben miteinander verbringen wollen, sind gleichgeschlechtliche Ehen natürlich nicht bekannt.
Möchten sich zwei Partner ihrer gegenseitigen Liebe einen offiziellen Charakter geben, so wird gerne der Liebesbund geschlossen, eine Zeremonie, die in allen Tempel abgelegt werden kann, bevorzugt aber natürlich in denen der Jhoulana. Es handelt sich dabei nicht um eine Ehe, aber es ist das Versprechen von Treue in der Liebe und Zusammenleben. Nicht selten hält ein Liebesbund ein Leben lang. Untreue sowie in der Ehe als auch im Liebesbund wird je nach Charakter der Partner unterschiedlich bewertet - zwischen Liebe und sexuellem Verlangen wird jedoch im allgemeinen Unterschieden. Der Bordellbesuch einer verheirateten oder in einem Liebesbund befindlichen Frau rein zur Befriedigung körperlicher Bedürfnisse wird nicht als gesellschaftliches Vergehen bewertet - wie der Partner allerdings darauf reagiert, wird von Fall zu Fall unterschiedlich sein.
Die Bedeutung der Familie unterscheidet sich natürlich von Kultur zu Kultur erheblich.
Bei den Chirà höherer Kasten wird die Familie um einiges weiter definiert als nur die eigenen Eltern, Geschwister und Großeltern. Hier ist der gesamte Clan die Familie, schließlich sind durch das sehr freizügige Auslegen der Ehe die Verwandtschaftsverhältnisse sehr schwierig zu durchschauen und praktisch jeder jederfraus Schwester oder Bruder. So wird einfach der ganze Clan miteingeschlossen.
Bei den Menschen hingegen sind die grenzen schon enger gesteckt. Zwar werden Neffen und Nichten, Onkel und Tanten, Cousins und Schwager auch als verwandt betrachtet, zur Familie im engeren Sinne gehören sie allerdings nicht, teilen dementsprechend auch selten denselben Wohnraum. Generell ist es eine Tendenz gerade in Westchrestonim, lieber viele kleine Haushalte zu bilden als einen großen, gemeinsamen, wie es in Yedea und Ashrabad üblich ist. Während man in letzteren Regionen oft Häuser findet, die einer Familie gehören und jedes Stockwerk von einem Zweig der Familie bewohnt wird, werden in Estichà und Vorovis gerne die engen Bande zertrennt und umgezogen.
Für die meisten Bewohner Chrestonims wird das Alter wohl kaum etwas Gutes bereithalten. Die Knochen werden müder, die Arbeitskräfte schwinden und sobald man seine Arbeit eingebüßt hat (was bei billigen Sklavenarbeitskräften und der dichtgedrängten Überbevölkerung in den Städten schnell geschieht) wird das Leben zur Qual. So wird man in Chrestonim selten sehr alt und das liegt nicht nur an Krankheit und dem anstrengenden Klima sondern oft auch daran, dass viele Alte sich nicht mehr ernähren können, wo Nahrung doch gerade in der Hauptstadt der Allianz so teuer ist.
Da kann sich ein jeder glücklich schätzen, der eine Familie hat, die zu ihm hält. Noch besser, wenn man Mitglied eines chiranischen Clans der Adelskaste ist, braucht man sich hier doch höchstens um die ständig rundlicher werdende Figur zu sorgen...
Oftmals haben allein die Tempel ein Einsehen und greifen den schnell in die Armut abrutschenden Alten mit Suppenküchen und Schlafstätten unter die Arme. Im Übrigen ist es bei manchen Kulten auch möglich, sich noch im Alter zum Priester weihen zu lassen, doch prüft der Kult natürlich streng, ob es der im Alter so fromm gewordene wirklich ernst meint oder nur ein weiches Bett haben möchte...
Der Tod ist auch in Chrestonim keine schöne Sache. Er wird in nahezu allen Regionen und Kulturen als das Ende des Diesseits betrachtet, das endgültige Verlassen der Welt und die Einkehr in die Welt der Toten - alles Aspekte, die eng mit der Religion verknüpft sind.
Stirbt ein Bewohner Chrestonims, so obliegt es den Angehörigen oder Freunden, sich um die Zeremonien zu kümmern, ansonsten gibt es fast in jeder Stadt einige Yorom-Priester, die sich um die "unbekannten" Toten in einer Stadt kümmern. In letzterem Fall ist es üblich (sofern keine anderen Regelungen durch örtliche Gesetze bestehen), dass der Besitz des Toten an die Kirche geht. Der Yoromkult (oder die Glaubensgemeinschaft, die die Bestattung übernahm) erhält davon einen festen Anteil, die die Kosten der Bestattung deckt
plus ein wenig mehr. Der restliche Besitz wird - sofern für Kulte nützlich wie z.B. Waffen - an die Tempel aufgeteilt oder versteigert. Die Verteilung und die Versteigerung übernimmt in den Städten der Kult der Kelida.
Die Totenfeier wird von dem Kult ausgeführt, an den sich die Verwandten für diesen Anlass wenden, meist ist dies eine Glaubensgemeinschaft, zu der sich der Gläubige in seinem Leben besonders hingezogen fühlte. Je nachdem, welcher Kult oder welcher Tempel ausgewählt wurde, können die Feiern und auch die Bestattung des Leichnams ganz unterschiedlich ausfallen. In den Religionen des Neuen Kultes etwa wird der Körper des Toten meist verbrannt, besonders üblich ist dies in den Tempel des Delvan, Sanikas, Gracot, Yorom, Mehdora und Endrakha. Wird die Asche in den Tempeln des Sanikas in alle Winde zerstreut und im Mehdora-Kult der Erde untergemischt (oft mit ritueller Pflanzung eines Baumes verbunden), so füllen die anderen Kulte die Überreste in Urnen oder steinerne Grabmäler um sie entweder in unterirdischen Gewölben zu verwahren oder sie den Verwandten zu übergeben. In manchen Vanortempeln ist es gar üblich, Tote an allerlei Wassertiere zu verfüttern, besonders in Estichà wird dies gerne getan, werden hier doch die Toten in einem Vanor-Kloster in eine unterirdische Grotte gebracht, in der dem Vanor heilige Seeschlangen hausen sollen, die die Toten verspeisen. Bei nahezu allen Zeremonien ist jedoch immer ein Yorompriester anwesend. Und es gibt keine Zeremonien, bei denen der Leichnam begraben oder längere Zeit aufgebahrt wird. Denn schon oft wurde davon berichtet, dass Geister und Dämonen in die Körper eben Verstorbener geschlüpft sind und sich die Toten dann von unheiligem Leben beseelt wieder erheben. Um eben jenes zu verhindern, wird der Körper (und dies ist in allen Kulturen üblich) nie im Ganzen ins Grab gelegt. So ist es auch bei den Sragon ein wichtiges Ritual, zunächst alles Fleisch von den Knochen zu schaben und allein die Skelette in Särge zu betten und bei den Chirà in Rac ist es üblich, Tote zu enthaupten, bevor man sie bestattet, da die Geister so nicht mehr in sie schlüpfen können.
Bei den Chirà der Allianz werden besonders ehrbare Tote auch einbalsamiert und mumifiziert, doch ist es hier ebenfalls unumgänglich, den Kopf abzutrennen (und balsamiert mit ins Grab zu legen) und auch das Herz der Toten zu entfernen (selbiges wird verbrannt).
Der Körper hat zumindest im Neuen Kult keine sehr große Bedeutung, hat doch die Seele des Verstorbenen längst die Hülle hinter sich gelassen. So stehen die rituellen Verbrennungen oder entsprechend andere Riten lediglich am Anfang des Trauerfestes, das je nach Kult mal von feierlichem Ernst (Yorom, Gracot), letzter Ehrerbietung (Delvan, Endrakha) oder Trost und Hoffnungsspenden für die Hinterbliebenen (Mehdora) begleitet ist. Totenfeste bei hier nicht genannten Kulten sind eher die Ausnahme, denn nur selten wird der Tempel der Liebesgöttin oder die göttliche Hüterin des Wissens für eine Bestattung herangezogen.
So wird man in den wenigsten Städten Friedhöfe finden, durchaus üblich sind aber Straßenzüge oder kleine Parks in der Nähe von Tempeln, in denen Statuen und Gedenktafeln aufgestellt werden, oft ist auch die Urne mit der Asche dort verwahrt. Im Glaubenskonzept Chrestonims ist in fast allen Kulturen ein Jenseits ein fester Bestandteil. Im Neuen Kult heißt es, dass die Seele eine lange Reise über das Totenmeer antritt, ein unendlich weiter Ozean, an dessen Ende das Reich Yoroms liegt, eine gleißende Welt voller Eis und Kälte. Daher ist auch das helle Grau die Farbe Yoroms und die Farbe der Trauer. Hier verbleiben all die Seelen, die gesündigt haben und zittern auf ewig in nicht enden wollender Kälte. War die Seele aber eine gute und hat den Göttern stets treu und fromm gedient, so mag Yorom ein Einsehen haben und die Seele sogleich ins Reiche des Gottes Chiskel schicken. Seine Welt soll von allen Sünden befreien: Die Schwere der Schuld fällt von der Seele ab und verbringt die Ewigkeit in einer Welt der Wunder. Hat einer der Götter jedoch besonderes Einsehen und will eine der treuesten Seelen belohnen, so holt die Gottheit ihn in eines seiner Paradiese, die jedem ewiges Glück bringen und Erfüllung der Träume sein sollen.
Es gibt übrigens Legenden, die von Toten erzählen, deren Seelen aus dem Reiche Yoroms zurückgekehrt sein sollen - freilich sind dies Mythen und Sagen, geben aber einigen wunderbaren Theaterstücken und Dramen reichlich Nahrung.